Naturnahe und gesunde Pferdehaltung


 Das Ziel unseres Konzeptes besteht darin, durch möglichst immer bessere und artgerechte Haltungsbedingungen zu mental und physisch gesunden Pferden zu kommen, soweit das in menschlicher Haltung irgend möglich ist, so Jörg Weber in seinem Buch Paddock Trail - Anleitung zu naturnaher und gesunder Pferdehaltung. Die Erkenntnisse aus der Wildnis vermitteln den Eindruck davon, was nötig ist, um diesem Ziel nahezukommen und zeigen zugleich auf, wo die Grenzen liegen. Pferde in menschlicher Haltung werden nie die Bedingungen finden können, die sie in der Wildnis haben. Dessen muss man sich bewusst sein, wenn man Pferde -oder Tiere überhaupt – „hält“ und damit fest-hält. Denn das bedeutet Haltung durch den Menschen in letzter Konsequenz immer.

Wer das Tier als beseeltes Lebewesen - mit all seinen Gefühlen, Empfindungen, Bedürfnissen und Problemen – respektiert, wird daher bestrebt sein, ihm die bestmöglichen Bedingungen zum Leben zu geben. Zweifellos gibt es Pferde, die auf sehr großen Flächen in Freiheit leben dürfen - sei es in vielen Hektar großen Naturschutzgebieten oder zur Landschaftspflege in Heidelandschaften und ähnlichen Situationen. Allerdings sind das nicht die Bedingungen, die der durchschnittliche Pferdehalter seinen Tieren auch nur ansatzweise bieten kann. Dazu kommt das Interesse, die Pferde auch zu nutzen. Es geht also um einen sinnvollen Kompromiss, der die Interessen aller Seiten – Pferd, Mensch und Umwelt - so optimal wie möglich ausgleicht.

 

Das grundlegende Prinzip, wie es auch schon von Jamie Jackson in „Paddock Paradise“ beschrieben wurde, besteht darin, den Pferden einen „unendlichen Weg“ zum Wandern zu geben. Dies entspricht ihrer Natur als Lauftier und führt zu der so lebenswichtigen Bewegung.

Die organisierte Bewegung kann kein noch so engagierter Reiter mit Ausritten oder welche Art der Arbeit auch immer ersetzen. So viel Zeit kann kein Mensch aufbringen. Deshalb ist es so elementar wichtig, eine Haltungsform zu wählen, welche die Pferde zu selbständigem wandern anregt. Selbst dann, wenn es jemand schafft, täglich 10 Kilometer mit seinem Pferd reitend oder fahrend unterwegs zu sein, genügt das nicht. Denn es ist Arbeit unter dem Sattel oder vor dem Wagen. Dies ist etwas anderes als das entspannte Wandern und Fressen, das der Natur dieser Tiere so sehr entspricht. Beides - Arbeit und entspanntes Wandern - miteinander zu verknüpfen, darin besteht die Herausforderung. Das Leben auf dem Trail ist die natürliche Daseinsform der Pferde. Dieses Leben hat viele Facetten. Der Mensch wird sie nicht alle befriedigen können, aber die wichtigsten Aspekte sind durchaus realisierbar.

 

Für das Pferd als Beutetier steht die Sicherheit und damit die Sicherung des Überlebens an allererster Stelle. Das Leben auf dem Trail - auch wenn er sich ständig wiederholt - bedeutet für das Pferd ein Leben in bekannten Bahnen. Das gibt den Tieren die gewünschte Sicherheit. Alles, was bekannt und gewohnt ist, bietet Sicherheit.

Unbekanntes und Überraschungen bedeuten immer erst einmal eine mögliche Gefahr und damit Unbehagen. Jeder Pferdefreund kennt dies. Man mutet seinem Pferd eine neue ungewohnte Situation zu und Unbehagen oder Erschrecken vor (vermeintlichen) Gefahren ist die unmittelbare Folge. Das Leben auf dem Trail stellt dagegen Sicherheit dar. Dieses Verhalten, immer wieder die gleichen Wege zu gehen, ist sehr tief in den Pferden verwurzelt.

 

Praktische Erfahrungen:

Kerstin D schrieb:

„Ich habe erst vor vier Monaten einen zweijährigen Connemara-Pony-Verbrecher in unseren Paddock Trail aufgenommen. Er galt als notorischer Ausbrecher König und Verhaltensgestört, bissig. Problembär. Ein Fall für den Schlachter, da gefährlich. Das Pony hat nach diesen vier Monaten keinerlei Auffälligkeiten mehr. Es brauchte einfach „Eindrücke“ und nicht „Erdrücken“ in der Enge einer Box mit kleinen Paddock Auslauf. Beim vorherigen Besitzer half der gut gemeinte, gleichaltrige Freund im engsten Raum nicht. Hier kann er mit Pferden jeden Alters raufen, spielen, aber auch allein Erfahrungen sammeln ... hat hier never ever einen Ausbruchversuch gemacht und ist ein Sonnenschein im Umgang. Ist viel unterwegs, mal im Pferdebereich, in einem der Ställe, auf dem Trail, am Welzplatz -toben, fressen, am Zaun zur Straße ... „

 

Sie schildert auch:

„Ein hengstiger und im Sozialverhalten absolut gestörter Achtjähriger Warmblut Wallach (kam aus polnischer Ängste Boxenhaltung ohne Fenster) machte uns besonders Sorge, weil er die anderen Pferde immer böse trieb und jagte. Im Paddock Trail machte das aber irgendwann keinen Sinn, denn es geht ja immer weiter. Die anderen Pferde konnten ihn austricksen. Das Treiben in die Ecken funktioniert kaum an einer Stelle. Er hat sich innerhalb von 3 Wochen zu einem ganz anderen Pferd entwickelt, fürsorglich, Rangmitte, zufrieden und sehr fair. Hin und wieder sah man ihn, wie er auch mal allein zu einer Situation, am liebsten zu dem Pferdeteich, ging und es genoss, zu baden oder einfach nur ins Tal zu schauen. Seele baumeln lassen ... „

 

Weiters schreibt sie:

„Mein Reitpferd, ein 21-jähriger Appaloosa, hat sich in den letzten vier Jahren komplett regeneriert. Er kam im früheren Leben aus dem Leistungssport. War rundum beschlagen, Deckenpferd, physisch und psychisch verbraucht, verschließen. Der Schmied sagte mir nach dem Kauf: >Der geht keinen Schritt ohne Eisen.< Die vorherige Besitzerin sagte: >Ohne Decke und geschlossene Box bekommt er in kürzester Zeit eine Lungenentzündung.< Er hat aktuell eine Top Muskulatur durch die vielen Kilometer, die die Pferde bei dieser Haltungsform täglich zurücklegen, top Barhufe durch die Impulse der verschiedenen Böden und der Nutzung von Wasserstellen, nun immer ein angepasstes Fell, keinerlei Wehwechen. Liebt >seine< Fohlen - sein Gesicht spricht Bände! Ich ahne, er wird so alt wie Johannes Heesters.“

 

Quellen:

  • Weber, J.; Axthelm, A.; Romanazzi T.; Urban, C. (2016): Paddock Trail - Anleitung zu naturnaher und gesunder Pferdehaltung. VerlagsKGWolf. Magdeburg. 
  • Jackson, J. (2018): Paddock Paradise: A Guide to Natural Hores Boarding. Star Ridge Publishing. California